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KMU-Frau Jolanda Reichenstein

"Die Adresse ist schon reserviert"

Das Porträt einer Unternehmerin auf der Suche nach der Auffahrt auf den Daten-Highway

Sie bezeichnet sich als ”blutige Anfängerin", doch den entscheidenden Schritt in Richtung Internet hat sie bereits getan: Jolanda Reichenstein, 57jährige KMU-Frau aus Pratteln, will am Workshop des Baselbieter Gewerbeverbandes das nötige Informationsrüstzeug für eine vertiefte Beschäftigung mit den drei magischen Buchstaben ”www" holen.

Jolanda Reichenstein will sich jetzt definitiv ans Internet wagen: ”Weiterbildung bedeutet für mich eine lebenslange Aufgabe. Man hat nie ausgelernt." Dies ist der Grund, weshalb sie sich entschloss, am Internet-Workshop des Baselbieter Gewerbeverbandes teilzunehmen.

In ihrer täglichen Arbeit, bei der Unterstützung ihres Mannes in der Führung der Firmen ”Protecto AG" (Behandlung versprayter Fassaden) und ”Reco Personalberatung AG" (Personalvermittlung) arbeitet sie nach eigenen Angaben ”noch sehr viel konventionell", obschon ihr ein Computer zu Verfügung steht. Ob sie nun die Buchhaltung führt, die Löhne vorbereitet, Offerten ausstellt oder Korrepondenzen erledigt, liegt ihr die Schreibmaschine grundsätzlich näher als die Tastatur des Computers. Vor allem, wenn es darum geht, Formulare auszufüllen, dann ist ”die Arbeit in herkömmlicher Art schneller erledigt".

Jolanda Reichenstein hatte zwar schon mal präsentationsweise die Möglichkeit, sich ins Internet einzuschalten. ”Das war aber nur ganz kurz", wendet sie ein und bezeichnet sich bezüglich virtuellem Surfen als ”blutige Anfängerin".

An der "Orbit" gut aufgepasst

Trotzdem lässt Jolanda Reichenstein die technische Entwicklung nicht unberüht an sich vorbeiziehen - ganz im Gegenteil. ”Ich glaube daran, dass das Internet in Zukunft eine ganz bedeutende Rolle spielen wird." Diese Ueberzeugung, dass das World Wide Web in ihrem fünf- bis siebenköpfigen Kleinbetrieb dereinst auch eine Rolle spielen wird, war letzten Herbst mit ein Grund dafür, der Podiumsdiskussion über ”Business-Frauen im Internet" anlässlich der letztjährigen ”Orbit" beizuwohnen. Die Geschäftsfrau hatte aufmerksam zugehört und am Beispiel der von einem jungen Freak besetzten Novartis.ch-Domain-Namen sofort gehandelt: Damit ihr niemand zuvorkommt, liess sie sogleich den auf ihre Firma zugeschnittenen Namen ”www.protecto.ch" reservieren. Sie hatte Glück: Der Name war noch frei.

Eine eigene Homepage freilich hat der Betrieb noch nicht. Aber Jolanda Reichenstein kann sich vorstellen, dass sie und ihr Mann nach dem Workshop klarer sehen: ”Wir sind beide aufgeschlossen für neue Entwicklungen."

Für eine ungeschminkte Information

Die Prattler Geschäftsfrau hofft, dass der Workshop ihr nachvollziehbare Antworten auf die wichtigsten Fragen gibt. ”Ich möchte als Erstes einmal wissen, was das Internet überhaupt ist." Sodann interessiert sie die Frage, wie frau den richtigen Provider auswählt und was er bietet. Weitere Fragen, die sich Jolanda Reichenstein stellt: Wo beschafft man sich das richtige Modem und welche Leistung muss es erbringen können? Welches Software braucht man zum Surfen und wer richtet sie ein? Setzt das Internet einen ISDN-Anschluss voraus? Wie funktioniert der E-Mail-Dienst per Internet? Was kostet Einrichtung und Betrieb eines Internet-Anschlusses? Was kostet ein eigener Auftritt im Internet? Wann können über das Internet auch Geschäfte abgeschlossen werden und wie sicher ist die Bezahlung über Kreditkarten?

Für Jolanda Reichenstein ist es wichtig, am Workshop auch über negative und kritische Aspekte informiert zu werden. Nur so, glaubt sie, ist eine differenzierte Meinungsbildung möglich. Zur Veranstaltung geht sie allein. ”Die KMU-Frauen Baselland kennen sich sehr gut", sagt Jolanda Reichenstein. Eher nebenbei bemerkt sie, dass sie zu jenen gehörte, die einen Internet-Workshop, wie er jetzt stattfindet, angeregt haben. Zwar würden viele Eltern durch ihre Kinder mit Aspekten desInternet vertraut gemacht. Doch für Frauen sei die Annäherung an das unbekannte Kommunikationsnetz besonders schwer: Die zeitliche Belastung durch Familien- und Kinderbetreuung verunmögliche es in einer bestimmten Phase häufig, sich mit dem Phänomen ”Web" näher auseinanderzusetzen.

13. März 1998

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(c) by Peter Knechtli