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30 Prozent der Basler Apotheken sind bedroht

Vorstoss zur Imageverbesserung durch Aufruf zum Kostensparen bei Medikamenten

Die explodierenden Kosten im Krankheitswesen zwingen nun auch die Apotheken zu heilenden Sparübungen. Laut eigener Einschätzung dürften 30 Prozent der Basler Apotheken demnächst mit existentiellen Problemen zu kämpfen haben. Auch um ihr Image aufzubessern, leisten die Pharmazien nun einen aktiven Beitrag zum Kostensparen bei den Medikamenten. Zum Mitsparen aufgerufen sind alle - auch die Konsumentinnen und Konsumenten.

Von Ruedi Suter

“Wir wollen nicht mehr die Prügelknaben sein“, brachte es Lucie Trevisan beiläufig auf den Punkt. Die Präsidentin des Baselstädtischen Apothekerverbandes und LDP-Grossrätin setzte an der Pressekonferenz des Verbandes vom Dienstag zum Thema „Medikamentenkosten senken in der Apotheke” noch eins drauf: Der neue Sparwille der Mitglieder sei derart eisern, dass nur jene Apotheken überleben würden, die zum Nutzen ihrer Kundschaft eine gute Dienstleistung mit anständigen Preisen bieten. Schützenhilfe leistete Trevisan ihr Kollege Markus Vögtli von den Apotheken beider Basel: "30 Prozent der Apotheken werden existentielle Probleme bekommen."

Was ist nur in die Pharmazeuten und Pharmazeutinnen beider Basel gefahren? Sie spüren den wirtschaftlichen Gegenwind und wollen angesichts der explodierenden Kosten im kränkelnden Gesundheitswesen nun aktiv auf die Kostenbremse treten - weniger bei ihren Margen als bei den Medikamenten, welche die Gesundheitskosten mit rund zehn Prozent belasten. Hier liege einiges Sparpotential brach.

Teure Rekord-Aerztedichte in Basel

Vor allem in Basel, das auf zirka 360 Patienten einen freipraktizierenden Arzt aufweist und entsprechend mit der höchsten Ärztedichte der Schweiz glänzt. “Wir haben in Basel-Stadt zuviel Angebot, daher zuviel Nachfrage und damit zu hohe Kosten“, hiess es an der Pressekonferenz seitens der Krankenversicherer.

Auch die Ausgaben für Heilmittel steigen. Gründe: Neue und teuere Therapien; mehr Medikamente werden durch die Grundversicherung bezahlt (neues Krankenversicherungsgesetzt, KVG), immer weniger Leute können sich eine Zusatzversicherung leisten, was die Grundversicherung belastet; und durch den Prämienanstieg sinkt die Bereitschaft der Menschen, Arzneien selber zu zahlen.

Mit Medikamenten gehen Millionen drauf

Beträchtliche Medikamentenkosten entstehen aber auch durch das Fehlverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten, von denen nur gerade ein Drittel ihre Medizin korrekt nach Vorschrift einnehmen. Der Rest verweigert die Mittel aus verschiedensten Gründen, vergisst sie oder lässt sie vergammeln. In Basel, das sich neben Genf das teuerste Gesundheitswesen leistet, sollen so jährlich Medikamente im Wert von 40 Mio. Franken verlorengehen. Kommt hinzu, dass viele Patienten mit Arzneien überversorgt werden - oder wegen unsachgemässer Einnahme im Spital landen.

Als kostentreibend bezeichnete Lucie Trevisan auch die noch fehlende Gesetzesgrundlage im KVG, das der Apothekerzunft "das Recht gibt, zu Lasten der sozialen Krankenversicherung das ärztlich verschriebene (teuere) Originalpräparat durch ein entsprechendes (billigeres) Genericum zu ersetzen". Änderungen im KVG sehen jedoch vor, dass Apotheken verschriebene “Edel-Präparate“ durch identische, aber billigere Mittel ersetzen dürfen. Überdies sollen Pharmazien durch einen festen Betrag pro abgegebene Packung - statt über eine Marge auf den Medikamentenpreis - entschädigt werden. Effekt: Teure Medizin wird billiger.

"Wesentliche Einsparungen" erhofft sich Trevisan schliesslich mit einem neuen Abgeltungsmodell für Apotheken im Bereich der rezeptpflichtigen Medikamente. Das Modell soll die Abgeltung der Apotheker weitgehend vom Preis der Arztneien abkoppeln.

Zuviele Aerzte geben Medikamente ab

Um seinen "grenzüberschreitenden" Sparwillen zu bekunden, liess der Apothekerverband BS an der Pressekonferenz auch den Geschäftsführer des Kantonalverbandes Baselstädtischer Krankenversicherer, Hanspeter Naber, und die Schweizerische Patienten-Organisation (SPO) zu Worte kommen.

Naber bezog sich auf den kassenpflichtigen, verordneten Teil der Medikamente und kritisierte, dass in Basel-Stadt zuviele Aerzte selbst Medikamente abgeben (Selbstdispensation). Auch würde die Basler Ärzteschaft mit der höchsten Dichte des Landes "zuviel verordnen", was jedoch auch mit der übertriebenen Erwartungshaltung der Patientenschaft zu tun habe.

Hier hakte auch die SPO ein, die eben zusammen mit der Patientenstelle Basel ein Patientenmerkblatt erarbeitet hat: "Das teuerste Medikament ist jenes, das falsch oder gar nicht eingenommen wird." Um die Kosten einzudämmen, müssten alle Partner des Gesundheitswesens Verantwortung tragen.

Massgeschneiderte Belastung der Versicherung

Ziel aller Beteiligten müsse es sein - so der Grundtenor aller Vortragenden -, dass nur soviele Medikamente wie nötig und so wenig wie möglich der Krankenversicherung belastet werden: "Voraussetzung dafür ist aber, dass sich Patienten, Ärzte und Apotheker gemeinsam dafür einsetzen, dass die Medikamente effizienter eingesetzt und tatsächlich auch eingenommen werden."

In diesem Zusammenhang versprach Verbandspräsidentin Trevisan im Namen der Apotheken die emsige "Förderung der Compliance". Will heissen, dass die benötigte Arztnei von gut informierten und mit der Therapie einverstandenen Patienten "zum richtigen Zeitpunkt auf die richtige Art und Weise" angewandt wird.


Viele Gründe zur Arznei-Verweigerung

Weshalb werden verordnete Medikamente nicht richtig gebraucht? Die Apothekerinnen und Apotheker haben verschiedene Gründe in Erfahrung gebracht: Die Vielzahl an Medikamenten verwirrt. Es fehlt das Verständnis, warum eine Arznei verordnet wurde. Die Dosierung ist unklar, ungenügend erklärt oder nicht schriftlich festgehalten. Angst vor Nebenwirkungen. Ein unangenehmer Geschmack. Schwierigkeiten bei der Einnahme beziehungsweise eine ungeeignete Arzneiform. Verunsicherung aufgrund des Beipackzettels. Nicht mehr eingenommen werden Medikamente aber auch, weil man sich besser fühlt - oder weil die Einnahme einfach vergessen wird. Mit besserer Information und mehr Anteilnahme versuchen nun die Apotheken ihre Kundschaft zum richtigen Medikamentengebrauch zu motivieren.



4. November 1998

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