Das Original landet jetzt beim Richter

ProLitteris lanciert Musterprozesse gegen Verweigerer von Urheberrechtsgebühren

Noch immer weigern sich 1'500 Betriebe standhaft, Urheberrechtsgebühren auf Fotokopien zu zahlen. Jetzt plant die Verwertungsgesellschaft ProLitteris, in über einem Dutzend exemplarischer Fälle Musterprozesse zu führen.

Schon in den nächsten Tagen, bestätigte Direktor Ernst Hefti bestätigte gegenüber "reports", "werden wir beim Zürcher Obergericht 15 zivilrechtliche Klagen einreichen". Damit will die Urheberechtsgesellschaft für Literatur und bildende Kunst jetzt gerichtlich gegen jene Betriebe vorgehen, die sich weigern, die im Urheberrechtsgesetz vorgeschriebenen Gebühren für Fotokopien zu zahlen.

Diese Musterprozesse sollen Druck auf die 1'500 Betriebe machen, die von Forderungen in Höhe zwischen 50 und 500 Franken partout nichts wissen wollen. Einige der renitenten Kopierer- oder Faxbetreiber hätten ihre Zahlungsbereitschaft laut Hefti sogar ausdrücklich von einer vorgängigen gerichtlichen Beurteilung abhängig gemacht.

Die Stossrichtung der Musterklagen sei so ausgewählt worden, dass die am häufigsten ins Feld geführten Argumente der Zahlungspflichtigen schnell geklärt werden können. Die meisten Gebührenverweigerer hatten gegenüber ProLitteris geltend gemacht, sie würden "gar keine geschützten Werke kopieren". Andere stellten sich auf den Standpunkt, ihre Faxmaschine würden nicht zu kopiertechnischen Zwecken verwendet, oder sie stellten die angewandte Tarifordnung grundsätzlich in Frage.

"Es geht uns mit unseren Klagen vor allem darum, die Prinzipien des Gebühreneinzugs zu klären", sagte Ernst Hefti. Denn letztes Jahr sei der Zahlungseingang "harzig" verlaufen. Von 80'000 an kleinere und mittlere Unternehmen verschickte Rechnungen wurden nach den ersten Monaten erst gut ein Viertel bezahlt. Fast die Hälfte aller Angeschriebenen reagierte auf die Rechnungen zunächst gar nicht.

Wenn ProLitteris diesen Frühling noch rund 50'000 Rechnungen verschickt, erwartet sie "eine deutlich bessere Zahlungsmoral". Grund: Die Datenbank der Verwertungs-Genossenschaft ist inzwischen bereinigt. Ausserdem basiert sie auf Angaben, die von den Nutzern selbst bestätigt wurden. Die durchschnittliche Höhe der an KMU verschickten Pauschalrechnungen liegt zwischen 30 und 200 Franken. Rund 30'000 Adressaten wurden nach dem ersten Zahlungsjahr gelöscht, weil sie entweder keinen Kopierautomaten betreiben oder so wenige Angestellte beschäftigen, das sie unter die Tarifgrenze fallen.

Keinerlei aussergewöhnlichen Eintreibungsaufwand verursachen ProLitteris die 400 Grossunternehmen, die auf vertraglicher Grundlage die Kopiemengen selbst deklarieren. Diese Firmen zahlen jährlich Gebühren zwischen 5'000 und 150'000 Franken. Als zuverlässige Schuldner erwiesen sich auch Bibliotheken, Schulen, Kantonsverwaltungen und die Gemeinden. "Noch etwas in Verzug" (so ProLitteris-Vize Werner Stauffacher) steckt der Einzug bei den Copy-Shops.

Nach Stauffachers Angaben nahm die Verwertungsfirma in den letzten beiden Jahren 5,1 Millionen Franken ein. Davon wurde im Dezember erstmals eine Tranche von knapp vier Millionen Franken an Urheber und Verleger ausbezahlt. Weitere zwei bis vier Millionen Franken werden aus Rückstanden erwartet, so dass es im Frühling zu einer weiteren Ausschüttung kommt.

Laut Christian Gerber, Sekretär des Schweizerischen Gewerbeverbandes, ist "der anfängliche Aufruhr unter den Gewerbeteibenden inzwischen ziemlich abgeflaut". Zu Unrecht werde dem Verband aber gelegentlich immer noch vorgeworfen, er habe zu wenig unternommen. Dem widerspricht Gerber: "Wir haben im Gesetzgebungsverfahren erreicht, dass kleine Gewerbler gar nichts zahlen müssen und dass kein grosser administrativer Aufwand entsteht."

Mockiert sich dennoch ein Verbandsmitglied über die neue Abgabe, hat der Gewerbesekretär ein stechendes Argument zur Hand: "Wir können nicht überall die Eigentumsgarantie verteidigen und unseren Grundsätzen untreu werden, wenn es um geistiges Eigentum geht."

7. Februar 1997

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(c) by Peter Knechtli