Schattenwährung im Kurs-Sturz

Originellste Umweltkampagne von Bund und Kantonen vor dem Start gescheitert

Die von Bund und Kantonen geplante Luft-Kampagne mit der Schattenwährung "DollAir" kommt nicht zustande. Den Promotoren war es nicht gelungen, innerhalb nützlicher Frist potente Partner zu finden.

Die Idee hatte Urs Eberhardt, Chef der Zürcher Werbeagentur "Cash". In seinem Kopf entstand das Vehikel einer Schattenwährung, die im Zentrum einer von Bund und Kantonen getragenen Werbekampagne für bessere Luft stand: Der DollAir als eine moderne Rabattmarke für Jugendliche. Statt bloss moralisierend den Mahnfinger zu heben, setzt diese Aktion direkt beim Konsum an: Umweltschonendes Verhalten soll sich in geldwerter Entschädigung bezahlt machen - in Form verschiedenster Vergünstigungen.

Die 12-Millionen-Kampagne, auf drei Jahre angelegt und hälftig finanziert von Bund und Kantonen, hätte nach offiziellen Plänen dieses Jahr einsetzen und 1999 enden sollen. Doch schon dieses Frühjahr kündigte das koordinierende Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal) an, ein Start sei "dieses Jahr nicht möglich, er wird auf 1998 verschoben".

Jetzt ist definitiv: Die Kampagne ist in der vorgesehenen Form gescheitert. "Wir haben uns aus der Pflicht entlassen", entschwebt Buwal-Sprecher Giuseppe Rebuffoni aus der politischen Verantwortung. Klartext spricht Roberto Mona, der Chef des Lufhygieneamtes beider Basel: "Die DollAir-Kampagne ist gestorben."

In einem Brief teilte das Buwal den Kantonen Anfang Monat mit, es sei innerhalb der geplanten Frist nicht möglich gewesen, zwei potente Partner zu gewinnen. Wer diese Partner hätten sein sollen, darüber hüllt sich das Buwal in Schweigen. Im Gespräch jedoch waren die Schweizerischen Bundesbahnen, Grossverteiler, Banken oder Versicherungen.

Heute sehen die Kampagnen-Promotoren ein: Weder kann eine Schattenwährung per Kaltstart flächendeckend eingeführt werden, noch sind potente Grossinvestoren bereit, sich während drei Jahren fest zu verpflichten.

Mit dem Scheitern des Konzepts sind auch die Kantone aus der Pflicht entlassen, die durch ihre Parlamente bereits Beitragskredite sprechen liessen. Der Baselbieter Landrat beispielsweise hatte 270'000 Franken bewilligt. "Dieser Betrag wird jetzt hinfällig", sagt Lufthygiene-Chef Mona. Allenfalls werde er für eine selbständige kantonale oder regionale Kampagne eingesetzt. Mona: "Dafür braucht es aber eine neue Vorlage an das Parlament.

Was Mona nicht weiss und was das Buwal den Kantonsregierungen auch nicht zur Kenntnis brachte: Die DollAir-Idee entwickelt sich auf andern Gleisen weiter. "Cash"-Chef Eberhardt, der laut eigenem Bekunden bisher "noch keinen Rappen" an öffentlichen Mitteln bezogen, dafür aus eigenem Sack über 100'000 Franken in die Kopfarbeit investiert hat, gibt nicht auf. Schliesslich hat er den "DollAir" markenrechtlich schützen lassen.

Sein neuer Partner ist die Stiftung "Euro 26", die zum Preis von 25 Franken eine an die Jugend gerichtete Clubkarte anbietet, die Rabatte auf Produkte des täglichen Bedarfs, aber auch Vergünstigungen auf Eintrittspreise und eine Mobilitätsversicherung anbietet. Zu den Zielen der bisher wenig bekannten Organisation aus dem Schosse des Bundesamtes für Kultur gehört die Motivation zur "sinnvollen Mobilität" - für Eberhardt die richtige Schiene, um seinen DollAir in veränderter Form aufzugleisen.

"Diesen Herbst werden wir einen realen Markttest mit über 200'000 Jugendlichen lancieren", kündigte ein unentwegter Eberhardt gegenüber unserer Zeitung an. "Das Ziel ist es, eine DollAir-Euphorie auszulösen", meint Ero-26-Geschäftsführer Jörg Huggenberger, selbst schon spürbar euphorisiert.

Beginnen soll die Einführung mit einem ökologischen Kartenspiel, bei dem Jugendliche Preise gewinnen können - etwa ein Abonnement der SBB, die mit der Jugendkarte "Gleis 7" schon in einem Zusatzangebot - "Euro 26/carte jeune" - partizieren. In einer zweiten Phase wird aus dem Spiel-Entscheid realer Ernst, indem beispielsweise beim ökologischen Einkauf DollAir als ein Art Rabattmarke zu haben sind. Ihren Höhepunkt soll die Kampagne schliesslich mit dem Original-DollAir erreichen: Als ökologische Schattenwährung der Expo 2001.

Derweil die Kantone an diesem Projekt nicht mehr partizieren, ist das Buwal laut Eberhardt immer noch "als Götti" dabei - aus naheliegenden Gründen, wie Partner Huggenberger erklärt: "Wenn wir starten, erwarten wird ganz klar eine Kostengutsprache des Buwal." Lufthygieniker Mona meldet Skepsis an: "Es besteht die Gefahr, dass sich die DollAir-Idee totläuft."

28. Mai 1997

Zurück zu Ökologie
Zurück zur
Hauptseite

(c) by Peter Knechtli