Foto © Danzsas Der Nachfolger von Peter Gross: Neuer Danzas-Präsident Hanspeter Brändli Ein Segler zwischen Sturm und Flaute Hanspeter Brändli übernimmt beim Logistikkonzern Danzas das Ruder Die einen schwimmen gern wohltemperiert. Nicht so Hanspeter Brändli. Zusammen mit sechs Maturkollegen, unter ihnen Radiodirektor Andreas Blum, fand er einen Winter lang Gefallen, fünfmal wöchentlich 50 Meter im klirrend kalten Zugersee zu schwimmen. "Unangenehm" sei dabei jeweils gewesen, "wenn das Eis in den Hals schnitt". Sportliche Grundhaltung bis an die Grenze des Erlaubten haftet Hanspeter Brändli bis heute an. Auch wenn ihn eine vorübergehende Lähmung vor einigen Jahren während zwei Monaten an den Rollstuhl band, so blieb er Freund der geistigen und physischen Mobilität - ob als Zuger TCS-Präsident, als Zuger "Eishockey-Fan" (so EVZ-Anhänger Brändli) oder als begeisterter Segler und früherer Jahresmeister der Corsar-Klasse. Bei Danzas herrscht seit einiger Zeit Flaute. Die Umsatzrendite des Fünf-Milliarden-Konzerns liegt im Promillebereich - weit unter jener der Konkurrenten Panalpina und Kühne&Nagel. Doch wenn Segler Brändli auf dem Gross-Kurs bleibt und den Turnaround auch im Speditionsgewerbe schafft, dürfte der Ertrag in den nächsten Jahren auf ein bis zwei Prozent steigen. Dass der neue Chef über 15'000 Mitarbeiter und eine motivierte Konzernleitung im Kielwasser bleibt, dafür sorgt eine Seelenverwandtschaft mit dem abtretenden Steuermann. Brändli - wie Gross geprägt als Artillerie-Oberst, nur eine halbe Geschosslänge weniger zackig - verlangt "deckungsgleich" mit seinem Vorgänger einen Paradigmawechsel: "Wir sind viel zu wenig markt- und kundenorientiert." Vom Spedieren verstand Brändli wenig, als er vor einem Jahr in den Danzas-Verwaltungsrat stiess. Rasch aber brachten ihm die Profis an der Front bei, "wie beispielsweise Luftfracht geht" (so ein Mitarbeiter). Dabei halfen ihm die erlernte Physik ("da muss man nichts lernen, nur alles begreifen") und "meine guten analytischen Fähigkeiten". Inzwischen hat er alle Kontinente besucht. Die erste Geschäftsreise führte typischerweise nach Hongkong: Im Fernen Osten, aber auch in den USA und in Lateinamerika sieht Danzas die vielversprechendsten Wachstumsmärkte. Brändli: "Heute fühle ich mich so sicher, dass ich die Charakteristika dieses Geschäfts begreife." Jetzt sei auch der Zeitpunkt gekommen, die strategische Ausrichtung des Konzerns zu überprüfen: Verstärkung der Uebersee-Aktivitäten, Angebot integrierter Logistik, Sanierung des Sorgenkindes Landverkehr sind die Stichworte. Analysiert wird auch ein Outsourcing-Konzept mit den Ziel, die Fahrzeugflotte aufzulösen und mit selbständigen Contracters zu kooperieren, deren Camions allerdings weiterhin die "Kriegsbemalung" (so der Firmen-Oberst) von Danzas tragen. 40 eurpäische Terminals wurden schon geschlossen, 1'100 Stellen abgebaut, weiterer Stellenabbau in ähnlicher Grössenordung steht noch bevor. Ständige Neuorientierung ist eine Konstante in der Biografie des in Cham aufgewachsenen Innerschweizers: Mit der B-Matur im Sack promovierte er in Laserphysik, bohrte Rubine und bediente schon Mitte der sechziger bei lasergestützten Augenoperationen. Für Landis&Gyr, in deren Konzernleitung er sass, akquirierte er die amerikanische Gebäudeleitsystem-Firma MCC Powers. Bitter vermerkt Brändli, wie sich sein damaliger Chef Willy Kissling in einem Zerwürfnis von ihm trennte, "als ich mich noch in der Rehabilitation befand". Nach einem zweijährigen Entreact als Direktionspräsident der Ems Chemie machte sich Brändli 1993 als Berater selbständig und gründete letztes Jahr - zusammen mit dem früheren Flüchtlingsdelegierten Peter Arbenz und dem Luzerner CIM-Zentrumsleiter Carlo von Ah - die Managementvermittlungsfirma Top Fifty. In seinem neuen 70-Prozent-Job bei Danzas, gesundheitlich wieder fit, hofft Brändli, nächstes Jahr die 100 Millionen Franken des Kostensenkungsprogramms "Eurofit" einfahren zu können. Dieses Fitness-Ziel wird ihm niemand streitig machen - nicht einmal Nicholas Berry, dieser renitente Londoner Aktionär, der die Konzernspitze vergangenes Jahr in helle Aufregung versetzte, als er zusammen mit Sir Michael Edwardes zwei Sitze im Verwaltungsrat beanspruchte und ihm eine radikale Shareholder-Strategie aufzwingen wollte. Aber mindestens teilweise dürfte sich Londoner City-Mann bestätigt sehen: Zur Dividende erhalten die Aktionäre 50 Franken Kapitalrückzahlung, 150 Kader kamen in den Genuss eines Aktien-Optionsplans. Brändli: "Das aber war auch ohne Berry vorgesehen." Mit einem erneuten Duell braucht der neuen Präsident derzeit nicht zu rechnen - obschon er es nicht scheute. In jüngeren Jahren pflegte er das Leichtschlagboxen. Und was er dort lernte - austeilen und einstecken - begleitete ihn durch sein ganzes Berufsleben: Noch heute ist er Ehrenmitglied des Boxclubs "Blauauge". 30. Mai 1997 |
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© by Peter Knechtli