Die Schweizer Altholzpolitik als Säule von Energie 2000 droht zu scheitern Der Holz-Weg als Energiekonzept könnte sich als Holzweg erweisen Am Morgen des 24. August 1995, punkt 11.30 Uhr, öffneten sich im HCB-Holderbank-Zementwerk im aargauischen Rekingen die Tore des Altholz-Ofens. "Die ersten Abroll-Container kommen", notierte das Protokoll erwartungsfroh. Und Urs Böhlen, Vorsitzender der Geschäftsleitung, erlaubte sich einen liebenswürdigen Scherz: Die Einladung zur Eröffnung sei gemeint "zur gemeinsamen Begehung des Holzweges". Letzte Woche wurde der Jux jählings zur Wirklichkeit: Mit dem Rekinger Zementwerk schliesst Holderbank Ende Jahr, kaum richtig eingefahren, auch den Altholz-Ofen. Der Abbruch der neuwertigen Anlage ("weltweit die erste ihrer Art") dürfte Holderbank nicht nur gegen 30 Millionen Franken kosten, sondern auch Vertrauen in die Energiepolitik des Bundes. Mit der Schliessung der Rekinger Pilotanlage, die derzeit 30'000 Tonnen Material verwertet, erleidet nicht nur "Energie 2000" einen erheblichen Dämpfer. Vielmehr befindet sich die Altholzpolitik des Bundes auf ihrem Niedergang. Denn die Schliessung von Rekingen ist nicht nur Folge wirtschaftlicher Probleme der Zementindustrie. Vielmehr ist auch der Altholzmarkt schwer gestört: Fachleute schätzen, dass weit mehr Schweizer Gebrauchtholz zur ökologisch fragwürdigen Verarbeitung in riesige italienische Spanplattenwerke gekarrt als in hiesigen Öfen energetisch sinnvoll verwertet wird. Der Clou: In Italien gepresste Platten gelangen wieder in die Schweiz, wo kontaminierte Schnittresten in ungeeigneten Schreinerei-Oefen legal verbrannt werden. Diese Behauptung, korrigiert HCB-Altholzprofi Godi Huwiler, "ist nicht zutreffend". Mehr als 10'000 Tonnen pro Jahr akquirieren die Aargauer Brennstoffbeschaffer in der Schweiz. Zutreffend dagegen ist, dass die Ziele der schweizerischen Energiepolitik nicht erreicht werden können - was den "Energie-2000"-Chef nicht zu beunruhigen scheint. Hans-Luzius Schmid: "Ich kenne keine Zahlen." Fachleute sind überzeugt, dass in Rekingen freiwerdende Holzmengen auch Richtung Italien auf die Reise gehen werden. Darum verlangen sie vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal), sich nicht länger um die ökologischen Rahmenbedingungen der italienischen Spanplattenwerke und deren Produktequalität zu foutieren. Analog zum Exportverbot für Sondermüll - so ihre Forderung - müsse auch das italienische "Oeko-Dumping" mit Altholz unterbunden werden. Ob aber dereinst noch investitionswillige Verwerter gefunden werden können, hängt allein vom Preisniveau ab. "Grosses Interesse" hat der Buwal-Experte Tellenbach ausgerechnet an der zur Altholzverwertung bestens geeigneten Zementindustrie, die er trotz des Rekinger "Rückschlags" zum weiteren Einsatz von Altholz motivieren möchte. Ende nächsten Jahres soll die revidierte Verordnung in Kraft treten. Technisch wären die Schweizer Zementwerke in der Lage, jährlich 200'000 Tonnen Altholz zu verwerten. Der Entscheid, ob Holderbank nach den bisherigen Erfahrungen aber künftig auf Altholz setzt, ist laut Godi Huwiler "noch nicht gefallen". 21. April 1997 |
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© by Peter Knechtli