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Das verdächtige Räuchlein aus dem Kamin des Nachbarn

Herr und Frau Schweizer verbrennen illegal 60'000 Tonnen Abfall pro Jahr. Jetzt will das Buwal den heimlichen Gesetzesverstoss stoppen.

Um Entsorgungsgebühren zu sparen, wird in der Schweiz noch immer massenhaft Abfall in Cheminees und Pivatöfen verbrannt. Jetzt soll der illegalen Entsorgung durch eine breite Kampagne von Bund und Kantonen der Riegel geschoben werden.

Ein prächtiger Spätsommertag geht zu Ende, Frau trägt kurz, Mann Shorts. Doch den Nachbarn scheint bereits zu frösteln: Aus seinem Kamin jedenfalls steigt in der Dämmerung eine gräulich-gelbe, stechend-stinkende Rauchfahne. Fehlanzeige: Der Nachbar friert nicht, er entsorgt.

Seit periodisch steigende Entsorgungsgebühren die helvetischen Familienbudgets ebenso belasten wie schmalere Einkommen, werden mit illegaler Entsorgung Kosten gespart, was das Zeug hält. Laut einer Studie des Bundesamts für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal) werden in der Schweiz rund 60'000 Tonnen Abfall - ein Prozent der gesamten Abfallmenge - in den 650'000 privaten Stückholzfeuerungen entsorgt: In Cheminees und Kachelöfen, Kaminöfen und zentralen Holzfeuerungen.

Dabei findet jede Art von Brennstoff ihren ungesetzlichen Weg in die Gratisentsorgung: Gartenzäune, Eisenbahnschwellen, alte Leistungsmasten, Holzmöbel, Bauabfälle, aber auch Haushalt-, Textil- und Siedlungsabfälle. Tendenz steigend.

Fritz Zürcher, Leiter der Abteilung Luftreinhaltung und Bodenschutz, im Amt für Umweltschutz des Kantons Appenzell Ausserrhoden, kennt die Folgen: Geht der Trend weiter, werden die Emissionen von hochgiftigen und krebserregenden Dioxinen und Furanen im Jahr 2005 grösser sein als jene der offiziellen Verbrennungsanlagen. "Zudem", so Zürcher, "gefährdet sich der Anlagebetreiber selber". So erhöht die Verpechung die Gefahr eines Kaminbrandes, auch verseuchen die ausgestossenen Schadstoffe den eigenen Boden und jenen der Nachbarschaft. Eine gesundheitliche Gefährdung stellt die private Abfallverbrennung nicht zuletzt auch für Kaminfeger dar.

"Geheime Pakte"

Die konspirative Entsorgung ist aber längst nicht nur zweifelhafter Volkssport von Privatleuten.

• Branchenkenner sprechen von "geheimen Pakten", die Schrebergärtner treffen: Abfälle werden unter Schweigepflicht gemeinsam in Fässern verbrannt.

• Betriebe mit Holzöfen verfeuern unbehandelte Balken und Holzabfälle aus Verpackungen wie Einwegpaletten, die für sauber gehalten werden, und übernehmen die gesetzeswidrige Funktion einer inoffiziellen Quartierentsorgung.

• Feuerwehr- und Zivilschutzstäbe üben mit belastetem Altholz.

• Wo gebührenpflichtige Abfallsäcke vor Bauernhöfen fehlen, besteht der Verdacht auf Abfallverbrennung.

• In Holzheizungen von landwirtschaftlichen Betrieben werden grosse Mengen an Abfällen verbrannt; auch bei der Verbrennung von Astmaterial im Freien werden bequemlichkeitshalber gleich auch Abfälle vernichtet.

Problematisch sind aber auch die berüchtigten Altholz-Exporte in die Spanplattenwerke nach Italien. Experten gehen davon aus, dass "grössere Mengen" dieser ökologisch fragwürdigen Abfall-Ausfuhr "nicht korrekt deklariert" werden. Jährlich 200'000 Tonnen Altholz werden illegal zum Verschwinden gebracht werden.

Obschon die rechtlichen Grundlagen für die korrekte Entsorgung vorhanden sind - Luftreinhalteverordnung und Technische Verordnung über Abfälle -, spricht der Baselbieter Abfallexperte Willi Vock von einer "anhaltenden Verunsicherung der Behörden beim Vollzug". Eine breit angelegte Untersuchung der EMPA hat ergeben, dass über 50 Prozent der Aschen in privaten Feuerungen ungenügende Qualität aufweisen. Dabei steigen die Schwermetallbelastungen gegenüber naturbelassenem Holz schnell bis aufs Tausendfache an, so dass bei einer Verwendung der Asche im Garten die Bodenkonzentrationen schon nach wenigen Jahren über dem zulässigen Grenzwert liegen. Experten fordern darum eindringlich: Handeln ist angesagt.

"Wir haben schon einiges an Aufklärungsarbeit betrieben", nimmt Stefan Joss, Wissenschaftlicher Adjunkt der Buwal-Sektion Industrie und Gewerbe, in Anspruch und zählt mehrere Merkblätter auf. Da der Vollzug der rechtlichen Grundlagen aber Sache der Gemeinden und teils der Kantone ist, unterstütze das Buwal "auch die gemeinsamen Anstrengungen der Kantone, eine Verbesserung herbeizuführen".

"Rauchzeichen" aus Appenzell

Vorarbeit hat neben dem Baselbiet auch der Wald-Kanton Appenzell Ausserrhoden schon geleistet. Im Herbst letzten Jahres lancierte er zusammen mit seinen 20 Gemeinden den auf drei Jahre angelegten Aktionsschwerpunkt "Rauchzeichen beachten". Das Ziel ist es laut Fritz Zürcher, die Sauberfeuerung zu fördern und die Kontrolle zu verbessern: "Bisher machten die Gemeinden keine systematische Kontrolle."

Diese zusätzliche Prüfung soll an die regelmässigen Kontrollen der Kaminfeger "angebunden" werden. Gleichzeitig müssen die Gemeinden einen (ehrenamtlichen) kommunalen Luftberater als Partner der Kaminfeger bestimmen und ein Inventar aller Anlagen aufnehmen.

Im Vordergrund der Anstrengungen stehen Aufklärung und Beratung, im Wiederholungsfall müssen Luftverschmutzer mit einer Mahnung, später mit einer Busse rechnen. Nur "im Extremfall" (Zürcher) - wenn ein Umweltsünder den Zutritt ins Haus verweigerte - würde die Polizei zu Hilfe eilen. Bussen in der Höhe von 400 und 500 Franken wurden bisher nur wegen illegaler Verbrennung im Freien ausgesprochen, noch keine jedoch wegen Verbrennung in privaten oder betrieblichen Feuerungen.

Kampagne ohne fette Slogans

Laut Zürcher sind die Bestrebungen auf gutem Weg, zumal auch im benachbarten Vorarlberg und jetzt in der ganzen Schweiz ähnliche Aktionen im Gange sind: Im Hinblick auf die bevorstehende Heizperiode will das Buwal die bisherigen Bemühungen intensivieren und eine gesamtschweizerische Aufklärungskampagne starten. An die Projektkosten von 140'000 Franken zahlen die Kantone die Hälfte, 40'000 Franken steuert das Buwal bei. Das Bundesamt wird im Rahmen der Kampagne nicht selbst aktiv, vielmehr sind es die wichtigsten Branchenverbände, unter ihnen vor allem die IG Altholz und die Schweizerische Vereinigung für Holzenergie (VHe), die vom Bund den Auftrag hat, die Ziele des Projekts "Energie 2000" umzusetzen.

VHe-Geschäftsführer Christoph Rutschmann räumt offen ein, dass die illegale Abfallvernichtung in den privaten Holzöfen "das Image der Holzenergie schwer belastet". Die Vereinigung hat nämlich festgestellt, dass unter den Geruchsbeschwerden die Belästigung aus Holzfeuerungen hoch oben in der Rangliste steht. Nur: Es stinkt der Abfall, nicht das Holz. Diese Erkenntnis widerspricht diametral den Interessen der Vereinigung, die naturbelassenes Holz als hervorragenden nachhaltigen Brennstoff propagiert.

Die geplante landesweite Kampagne kommt nicht im fetten Plakat-Slogans daher. Vielmehr geht es um praxisnahe Information und Oeffentlichkeitsarbeit. Neben Merkblättern und Comics sollen in der ganzen Schweiz auch mehrere Dutzend anwendungsorientierte Abendveranstaltungen ("Richtig heizen mit Holz") durchgeführt werden. Bisherige Versuchsveranstaltungen hätten mit bis 200 Zuhörern pro Abend zu einer sehr guten Resonanz geführt, sagt Rutschmann. Das Ziel sei es auch, enger als bisher mit den Kaminfegern, Ofenbauern oder beauftragten Kontrolleuren als Mediatoren zusammenzuarbeiten. Bereits gibt es Merkblätter der EMPA ("Was brannte im Ofen? Die Asche zeigt es!"), die Fachleuten ein Fehlverhalten anzeigen. In Vorbreitung ist auch ein Empa-Schnelltest, der im April kommenden Jahres einsatzfähig sein soll.

Reklamation als Denunzierung?

Zu den heikelsten Fragen gehört die Reklamation durch die Nachbarn. Viele Betroffene verzichten auf die Meldung stinkender Rauchschwaden aus Angst, hinterher der Denunzierung bezichtigt zu werden. Dennoch sind Meldungen unentbehrlich, um flagrante Verstösse zu ahnden. Die Kampagnenleiter sind sich der Problematik des "Nachbarschaftsklimas" bewusst. Experte Willi Vock: "Es geht hier um die Verletzung von Umweltrecht. Ich ermuntere deshalb, im Fall einer Belästigung die zuständigen Organe der Gemeinde oder das kantonale Amt für Umweltschutz zu informieren."

VHe-Geschäftsführer Rutschmann legt Wert darauf, dass die Kontrollen durch das Fachpersonal "keinen polizeilichen Anstrich" haben. Treten Geruchsbelästigungen mit einem Abfallsünder im Quartier auf, rät er zum Versuch, das Problem "freundnachbarlich" zu lösen. Wo aber das direkte Gespräch nicht möglich sei, da müsse der Ortspolizist oder der kommunale Luftbeauftragte einschreiten und dafür sorgen, dass die gräulich-gelbe, stechend-stinkende Rauchfahne nie wieder aus dem Schornstein quillt.

Unterstützung für aktive Gemeinden

Gemeinden, die Veranstaltungen zum Thema "Richtig heizen mit Holz" organisieren möchten, steht die Schweizerische Vereinigung für Holzenergie mit verschiedenen Dienstleistungen unterstützend zur Seite. Dort können Fachreferenten abgerufen, aber auch Merkblätter, Dokumentationen und Hilfsmittel wie Aschemuster bestellt werden. Ebenso kann die Vereinigung Kontakte zu kostengünstigen Energieberatern herstellen. Adresse: Schweizerische Vereinigung für Holzenergie, Falkenstrasse 26, 8008 Zürich. Telefon 01 252 30 70, Fax 01 251 41 26.


ECHO
Zum Verbrennen von Abfällen in Eigenheimen - Kamifeger schweigen

Ich bin Umweltschutzbeauftragter für den Bezirk Einsiedeln seit drei Jahren im Amt. Bei uns gibt es sehr viel Landwirtschaft und Einfamilienhäuser. Eben diejenigen mit Holzheizungen und dergleichen. Ich werde des öfteren angerufen wegen Rauchimmissonen. Ich versuche die Anglegenheit meistens mit aufklärenden Gesprächen zu lösen. Meistens gelingt das auch, wenn auch nicht langfristig. Seit die Kaminfegerkreise aufgehoben wurden und das Kaminfegermonopol abgeschafft wurde, hat diese Art von Verbrennung stark zugenommen hat. Die Kaminfeger sind überhaupt nicht interessiert daran, dass ihre Kunden keine Abfälle verbrennen. Sie wollen doch ihre Kundschaft nicht verpfeifen, sonst würden sie bald arbeitslos. Also kann es nicht die Lösung sein, wie sie der Kanton Appenzell anstrebt. Ich bin der Meinung, dass jede Holzfeuerung eine im Kamin festmontierte Kontrolleinheit montiert bekommen soll, die sporadisch kontrolliert werden kann. Auch dort sollen die Abgaswerte kontrolliert werden wie bei den Oelheizungen, wo das bestens funktioniert.

Bruno Kälin
Umweltschutzbeauftragter
Einsiedeln

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3. Oktober 1997

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